Lesen Sie hierzu die Information von dem Ministerium:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit möchte ich Sie über den Einsatz autogener Impfstoffe zur Immunisierung gegen BTV-3 informieren:
Seuchenlage: Das Virus der Blauzungenkrankheit wird durch blutsaugende Mücken der Gattung Culicoides (Gnitzen) übertragen. Die Seuche tritt saisonal verstärkt zwischen Frühjahr und Herbst insbesondere bei feuchtwarmem Wetter auf. Nachdem im September 2023 erstmals Infektionen mit dem Virus der Blauzungen-krankheit des Serotyps-3 (BTV-3) bei Schafen in den Niederlanden festgestellt wurden, erfolgte eine sehr schnelle Ausbreitung über das ganze Land, insbesondere in Richtung Osten, über 6.900 niederländische Betriebe sind zwischenzeitlich infiziert. Während bei Rindern eher milde klinische Symptome auftraten, teilweise jedoch deutliche Leistungsrückgänge verzeichnet wurden, starben über 50.000 Schafe und Ziegen bzw. mussten euthanasiert werden. Auch in Belgien und Großbritannien wurde BTV-3 nachgewiesen.
Im Oktober 2023 wurden die ersten Infektionen mit BTV-3 bei Schafen in Nordrhein-Westfalen (NW) festgestellt, kurz darauf kam es zu ersten Nachweisen von BTV-3-Infektionen bei Schafen in Niedersachsen (NI). Mit Stand vom 21.03.2024 wurden 49 Ausbrüche in Deutschland (13 in NRW, 36 in NI) gemeldet. Aktuelle Informationen zur Tierseuchenlage können dem „TierSeuchenInformationsSystem“ (TSIS) unter dem Link https://tsis.fli.de/Reports/Info.aspx entnommen werden.
Für das Frühjahr 2024 erwartet das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) eine ebenso schnelle Ausbreitung des Virus, wie im Rahmen des Seuchengeschehens der Blauzungenkrankheit vom Serotyp 8 (BTV-8) zwischen 2006 bis 2009 zu beobachten war. BTV-8 breitete sich in Deutschland sehr schnell flächendeckend aus. In der Folge kam es zu sehr hohen Tierverlusten und großem Tierleid. Erst die Notzulassung eines Impfstoffs im Jahr 2008 und die Einführung einer Pflichtimpfung führte zu einem deutlichen Rückgang der Ausbrüche und schließlich zur Eradikation des Virus.
Impfung: Ein zugelassener Impfstoff gegen BTV-3 ist zurzeit noch nicht verfügbar, um BTV-empfängliche Tiere wirksam schützen zu können. Vor dem Einsatz illegaler Impfstoffe wird weiterhin dringend gewarnt (nicht sicher, nicht wirksam). Es sollen sich Impfstoffe gegen BTV-3 in der Entwicklung befinden, jedoch liegen aktuell keine Informationen über einen konkreten Zulassungszeitpunkt vor. Außerdem bleibt fraglich, ob bzw. wie viele Impfdosen zeitnah bereitgestellt werden könnten.
Daher wird auf die Möglichkeit der Anwendung eines autogenen Impfstoffs (ähnlich dem früheren „bestandsspezifischen Impfstoff“) hingewiesen. Aus einem Virusisolat, das aus einem Virusnachweis in einem BTV-3-Ausbruchsbetrieb der gleichen epidemiologischen Einheit stammt, kann ein autogener Impfstoff hergestellt werden. Ein solcher Impfstoff kann in wenigen Wochen zur Verfügung gestellt werden. Das Tierarzneimittelrecht der EU in Verbindung mit dem EU-Tiergesundheitsrecht eröffnet seit 2022 die Möglichkeit, autogene Impfstoffe in Betrieben einzusetzen, aus denen die Virusisolate zwar nicht isoliert wurden, die jedoch zur selben epidemiologischen Einheit gehören oder eine gesicherte epidemiologische Verbindung zu dem Ausbruchsbestand aufweisen, aus dem das Impfvirus stammt. Die „epidemiologische Einheit“ ist dabei eine Gruppe von Tieren, bei denen die Wahrscheinlichkeit, dass sie einem Seuchenerreger ausgesetzt sind, gleich hoch ist.
Ganz Rheinland-Pfalz (RP) kann in diesem Fall als empfängliche epidemiologische Einheit angesehen werden, die dem Seuchenerreger „Serotyp 3 des Blauzungenvirus“ gleichermaßen ausgesetzt ist. RP grenzt bereits jetzt an nicht BTV-3 freie Zonen anderer Länder und Mitgliedstaaten an, die Bestände sind hochempfänglich und das FLI rechnet in diesem Jahr mit einer schnellen Ausbreitung des Virus.
Autogene Impfstoffe müssen für die jeweils zu impfenden Tiere eines Betriebs bestellt und abgefüllt werden. Von der Verschreibung durch die Tierärztin bzw. den Tierarzt bis zur Impfung der Tiere vergehen etwa sechs bis acht Wochen. Die Herstellungserlaubnis eines Herstellers in Niedersachsen liegt nunmehr vor, sodass tierärztliche Verschreibungen an die Herstellungsfirma gesendet werden können.
Dokumentation der Impfung in HI-Tier: Um die Nachvollziehbarkeit der durchgeführten Impfungen gewährleisten zu können, sollen die Impfungen in der HI-Tier-Datenbank von der verschreibenden bzw. impfenden Tierarztpraxis eingetragen werden. Der von Land und Tierseuchenkasse gewährte Impfzuschuss kann nur bei in HIT eingetragenen Impfungen bearbeitet werden (Link zur Tierseuchenkasse RP: https://www.tierseuchenkasse-rlp.de/de/startseite/).
Verbringungen: Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass nach Auffassung der EU-Kommission der Einsatz von autogenen Impfstoffen keine Möglichkeit eröffnet, BTV-3 empfängliche Tiere ohne vorherige PCR-Untersuchung und Behandlung mit Repellentien in freie Zonen zu verbringen. Entsprechende Handelserleichterungen sind demnach nicht zu erwarten.
Im Vordergrund steht der gebotene Schutz der Tiere, v. a. der Schafe und Ziegen, vor ernsthaften Erkrankungen und dem Tod. Der Einsatz autogener BTV-3-Impfstoffe stellt aus Gründen des Tierschutzes, aber auch der Reduktion empfänglicher Tiere und damit einer Eindämmung der Viruszirkulation eine sinnvolle Maßnahme dar.
Eine Impfung BTV-3-empfänglicher Tiere ist rechtlich nicht vorgeschrieben. Sobald ein zugelassener Impfstoff verfügbar ist, darf der autogenen Impfstoff nicht mehr zum Einsatz kommen.
Ergeben sich aktuellere Informationen werde ich Sie informieren.“
Wenn Sie Interesse haben ihre Schafe und Ziegen zu schützen, melden Sie sich bei Ihrem Hoftierarzt damit er Bestellungen und spätere Impfungen vornehmen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Heinrich Schulte
Zuchtleiter
Landesverband der Schafhalter/Ziegenhalter und Züchter Rheinland-Pfalz e.V.